Chile/Argentinien/Belgien 2019, 96 Min., OmU, Regie: Sebastián Muñoz, mit Juan Carlos Maldonado, Alfredo Castro, Cesare Serra, Gastón Pauls, Lucas Balmaceda
Muñoz’ Verfilmung „Der Prinz“ spielt zu der Zeit, in der Mario Cruz’ gleichnamiger Roman entstand: Sie beginnt 1969 und endet im September 1970 – am Tag, als der chilenische Arzt und Politiker Salvador Allende die Präsidentschaft Chiles mit einer wuchtigen Rede antrat. Allendes Ziel war es, auf demokratischem Wege eine sozialistische Gesellschaft im Land zu etablieren. Er löste den Christdemokraten Eduardo Frei Montalva ab – zu einem Zeitpunkt, als das Land sich in einer prekären Situation, einer tiefen wirtschaftlichen Krise befand: In der 10 Millionen Menschen umfassenden Bevölkerung galten 1,5 Millionen Kinder als unterernährt, 500.000 Familien waren obdachlos, die Arbeitslosigkeit lag bei 8,8 Prozent. 80 Prozent des Nutzlandes waren in der Hand einer sehr kleinen Oberschicht.
Frei Montalva war während seiner Regierungszeit zwischen 1964 und 1970 mit seinen wichtigsten Reformen gescheitert. So war etwa die von ihm geplante teilweise Verstaatlichung der Kupferindustrie dem linken Flügel nicht weit genug gegangen, während der konservative Teil darin bereits den ersten Schritt zum Kommunismus gesehen hatte. So war es dem Politiker im Laufe der Jahre nicht gelungen, einen Spagat zwischen den radikalen Forderungen der Linken und der extremen Abwehrhaltung der Rechten zu meistern.
Mit Salvador Allende war erstmals ein Sozialist durch eine demokratische Wahl zum Staatsoberhaupt eines Landes gewählt worden. Er war als Kandidat des 1969 gegründeten linken Wahlbündnisses Unidad Popular (UP) angetreten, dem neben der Kommunistischen und der Sozialistischen Partei noch mehrere kleine marxistische und christliche Parteien angehörten. In seiner energischen Antrittsrede, die am Ende von DER PRINZ im Radio zu hören ist, spricht der bekennende Marxist von den harten, schwierigen Zeiten, die das Land erwartet – doch er lässt auch Hoffnung durchscheinen. Durch seinen empathischen Blick für die Sorgen und Nöte der „kleinen Leute“ galt Allende vielen in der Bevölkerung als Hoffnungsträger. Bei seiner Vereidigung als Präsident im November 1970 verkündet er: „Wir werden eine echte Demokratie errichten. Denn das Volk wird daran beteiligt sein – und nicht wie bisher nur eine Minderheit.“
Allendes Politik ließ die Arbeiter sowie die Unterschicht auf eine Verbesserung ihrer ärmlichen Lebensumstände hoffen, etwa durch Einfrieren der Miet- und Lebensmittelpreise oder durch einen kostenfreien Zugang zu Bildung und zu medizinischer Versorgung. Um sein Programm zu finanzieren, enteignete Allende Kohle- und Kupferminen und verstaatlichte Industriezweige sowie Banken – wodurch er die Oberschicht des Landes sowie ausländische Investoren, insbesondere die USA, gegen sich aufbrachte. Mittels der CIA versuchte die USA fortan, der Präsidentschaft Allendes ein möglichst rasches Ende zu bereiten. Neben anderen kapitalistischen Ländern boykottierte die USA den Handel und die Wirtschaft Chiles. Und auch im Inland kam es immer mehr zu Widerstand.
Insgesamt blieb Allende nur drei Jahre im Amt, bis er 1973 durch einen gewaltsamen, von den USA unterstützten Militärputsch gestürzt wurde, in dessen Verlauf er Suizid beging. Eine Militärjunta unter der Führung Augusto Pinochets setzte die Verfassung außer Kraft. Das Ergebnis war eine blutige Militärdiktatur. (Salzgeber)
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