Projektwoche vom 13. – 22. Januar 2009
Schon seit längerer Zeit ist zu beobachten, dass das Wort „schwul“ unter SchülerInnen oder Jugendlichen allgemein zum Synonym für „schlecht“, „mies“, „unangenehm“, „ekelhaft“ etc. geworden ist. Dies hat u.a. zu der Frage geführt, ob dem entsprechende Einstellungen zum Phänomen Homosexualität korrespondieren.
Im Jahre 2008 veröffentlichte Bernd Simon (Christian-Albrecht-Universität Kiel) die Ergebnisse einer im Auftrag des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) erstellten Studie “Einstellung zur Homosexualität: Ausprägungen und sozialpsychologische Korrelate bei Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund“. Diese offenbarte ein beachtliches Ekelpotiential bei direkter Konfrontation mit männlicher Homosexualität insbesondere durch sich küssende Männer. Dabei ergaben sich deutliche Zusammenhänge zwischen dem Ablehnungsgrad und kulturellem sowie religiösem Hintergrund, wobei dir Differenzen zwischen männlichen und weiblichen Befragten noch erheblich deutlicher ausfallen und offenbar auch auffallende Unterschiede zwischen Schwulen und Lesben gemacht werden.
Auf der anderen Seite ist in der schwulen „Szene“ oder „Community“ eine Diskussion entstanden, die zunehmende Ressentiments gegenüber „Migranten“ deutlich werden lässt (gemeint ist natürlich fast immer ein türkischer oder russlanddeutscher Hintergrund), gespeist aus Gewaltängsten, der Befürchtung, u.a. im Rahmen des demografischen Wandels könnten vermeintlich oder tatsächlich erreichte Akzeptanzstandards durch diese Gruppen wieder in Frage gestellt werden, und einer Islamophobie, die sich im Zuge des „Kriegs gegen den Terror“ verstärkt zu haben scheint.
Im Rahmen einer Projektwoche wollen das Autonome Schwulenreferat der Uni Bielefeld, die GEW Bielefeld, und das Oberstufenkolleg NRW an der Uni Bielefeld eine Informations– und Diskussionsplattform zu diesem Themenfeld bieten. Das Angebot richtet sich neben allgemein Interessierten und Universitätsöffentlichkeit insbesondere auch an Studierende der Pädagogik sowie an Lehrpersonal, das im Unterricht mit Homophobie konfrontiert wird.
Vorträge:
- 13.01.2009, 19 h, UHG, Hörsaal 2, Georg Klauda (Berlin): Die Vertreibung aus dem Serail, Europa und Heteronormalisierung der islamischen Welt (zugleich Präsentation des im Herbst 2008 im Männerschwarm-Verlag, Hamburg, erschienenen gleichnamigen Buches)
- 15.01.2009, 18h, OS, Feld 2, Bernd Simon (Kiel): Einstellungen zur Homosexualität – Ausprägungen und psychologische Korrelate bei Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund (ehemalige UdSSR und Türkei) (veröffentlicht in der Zeitschrift fürEntwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 40, 87-99)
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22.01.2009, 18 h UHG, Hörsaal 9, Andreas Zick (Bielefeld): Homophobie als gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Georg Klauda, geb. 1974 in der Nähe von Bamberg, studierte Soziologie, Neuere Geschichte und Linguistik in Erlangen und Berlin. In den 90er Jahren engagierte er sich als Schwulenreferent im AStA der Freien Universität und beteiligte sich an der Gründung der Zeitschrift “Gigi”. Heute publiziert der Diplomsoziologe in Zeitschriften wie “Phase 2”, “Arranca”, “Inamo” und “MRZine” über Themen wie Homophobie, Rassismus und Islamophobie.
Bernd Simon, ist Professor für Sozialpsychologie und Evaluation am Institut für Psychologie der Christian-Albrechts-Universität Kiel mit den Schwerpunkten Identität, Gruppenprozesse, Macht, soziale und politische Bewegungen.
Andreas Zick, geb. 1962, ist Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an Universität Bielefeld mit einem Schwergewicht auf Forschungen zur Psychologie von Vorurteilen, Rechtsextremismus und Antisemitismus
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